Fast überall ist Chemie drin – Gesundheitsnetz und AZ laden zu Vortrag Vorsicht Geschmack – Zusatzstoffe in Lebensmitteln – ein

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Vieles im Leben ist eine Frage des Geschmacks. Gerade beim Essen stellt sich diese Frage tagtäglich. Allerdings muss das, was gut schmeckt, nicht zwangsläufig auch qualitativ gut sein. Deshalb widmet sich die nächste Nachtvorlesung, zu der Gesundheitsnetz Alzey und Umgebung und Allgemeine Zeitung am Mittwoch, 16. November, um 19 Uhr ins Tagungszentrum der Rheinhessen-Fachklinik (RFK) einladen, dem Thema „Vorsicht Geschmack – Zusatzstoffe in Lebensmitteln“.

Referent durch Bücher und TV-Sendungen bekannt
Als Referent konnte mit Udo Pollmer ein Hochkaräter gewonnen werden, ist der Lebensmittelchemiker durch seine Sachbücher zum Thema und seine Präsenz im Fernsehen doch einem großen Publikum quer durch die Republik bekannt. „Ich habe ihn wiederholt bei Vorträgen erlebt. Das fand ich so spannend, dass ich ihn gefragt habe, ob er nicht einmal als Referent zur Nachtvorlesung kommen wolle“, berichtet Dr. Friedel Rohr, Vorsitzender des Gesundheitsnetzes. Der Gemminger, der für seine kritischen und provokanten Aussagen zum Thema Ernährung bekannt ist, willigte ein.

„Zusatzstoffe sind der ‚Rohstoff‘ der Food Designer: Egal ob Bäckerbrötchen oder Fertiggericht – ohne die heimlichen Helfer kommt keiner mehr aus. Wenn Lebensmittel an die Preisvorstellungen der Handelsketten angepasst werden müssen, mikrowellengeeignete Fertiggerichte so schmecken sollen, als wären sie aus Omas Küche, dann geht das nicht ohne die wohlfeilen Hilfen aus dem Reich der Biochemie, Lebensmittelchemie und -technologie“, stellt Pollmer fest.

Inzwischen gewinne das „Clean Label‘“ eine immer größere Bedeutung. Darunter verstehe man die Herstellung von Lebensmitteln, die laut Etikett nur noch „natürliche“ Zutaten enthalten. Man spreche auch von „künstlicher Natürlichkeit“. Pollmer dazu: „Wer ahnt schon, dass sich Quark täuschend echt durch fraktionierte und modifizierte Molke ersetzen lässt, dass Tomato-Stretcher helfen, Tomaten im Ketchup einzusparen oder dass der Begriff ‚natürliches Aroma‘ auf Gentechnik hinweist?“ Heute würden nicht nur Lebensmittel, sondern sogar Zusatzstoffe imitiert.

Kritischer Blick auf Lebensmittelproduktion
Die Besucher der Nachtvorlesung erwartet jedenfalls ein kritischer Blick hinter die Kulissen moderner Lebensmittelproduktion und ihre möglichen Folgen für den menschlichen Körper. „Gerade Zusatzstoffe in Lebensmitteln und deren Wirkung sind auch für uns Allgemeinmediziner ein weitgehend unbekanntes Feld“, sagt Rohr. Es gebe keine Langfristuntersuchungen. „Allergien – ja, die kennt man; Lactose- oder Fructoseunverträglichkeit. Aber die anderen Auswirkungen sind noch nicht so geläufig“, erhofft sich der Framersheimer Mediziner von der Nachtvorlesung auch Erkenntnisgewinne für die eigene Arbeit.

Netzwerktreffen vom 30.08.16 – Ausführungen unseres Mitgliedes Edeltraud Kullmann, Pflege mit System

Unser Netzmitglied Frau Kullmann, Inhaberin des ambulanten Pflegedienstes „Pflege mit System“ nutzte das Netzwerktreffen vom 30.08.16, um über Ihren Alltag und die mannigfaltigen Herausforderungen in der Pflege zu berichten.
Frau Edeltraud Kullmann ist die Pflegedienstleiterin und Inhaberin von „Pflege mit System“ aus Freimersheim. Der Pflegedienst hat im März dieses Jahres das 15-jährige Jubiläum gefeiert. Das Team besteht zurzeit aus neun Mitarbeiterinnen, Krankenschwestern und Hauswirtschafterinnen.
Frau Kullmann trifft auf viele Herausforderungen im Alltag. Positive wie negative Veränderungen gibt es immer wieder. Eine der positiven ist das Pflegestärkungsgesetz II, welches seit Januar dieses Jahres gültig ist. „So richtig verstanden haben es die Kassen, und vor allem die Abrechnungsstellen, immer noch nicht, und das Pflegestärkungsgesetz III steht vor der Tür, aber das ist noch nicht in ganz trockenen Tüchern, deshalb muss man einfach abwarten,“ so Frau Kullmann. Mit dem anstehenden Pflegestärkungsgesetz III werden zum Beispiel die Pflegestufen von 3 auf 5 ausgebaut. Der Nutzen davon kann allerdings noch nicht eingeschätzt werden. Ende September wird der Dachverband der Pflege seine Mitglieder hierzu umfassend informieren. Doch warum ist das aktuelle Gesetz überhaupt positiv? Laut Frau Kullmann erhöht sich die Qualität der sozialen Pflege und damit auch die Entlastung der Angehörigen: „Jeder Pflegebedürftige mit einer Pflegestufe, kann pro Monat 104 € als Betreuungsleistungen zusätzlich zu seinem Pflegegeld in Anspruch nehmen, ist aber nur über einen Pflegedienst abrechenbar, bei anerkannten, demenziell Erkrankten erhöhen sich die Leistungen auf 208,– € pro Monat. Die Abrechnung kann rückwirkend bis mindestens 6 Monate erfolgen, das ist allerdings von Kasse zu Kasse verschieden. Wichtig: Das eigentliche Pflegegeld bleibt davon unberührt.“ Frau Kullmann führte weiter aus, dass dies sogar ohne gesonderten Antrag erfolgt. Hinzu kommt auch weitere Flexibilität bei der Verhinderungspflege. Sie erläutert, dass „wie gehabt jeder Pflegebedürftige das Recht auf Verhinderungspflege in Höhe von 1612,– € jährlich hat, so wie all die vergangenen Jahre auch. Neu aber ist, dass auch ein hälftiger Anspruch an Leistungen aus der Kurzzeitpflege, wenn diese nicht in Anspruch genommen wird, dem Pflegebedürftigen zusätzlich zustehen, also nochmals 806,– € ohne, dass am Pflegegeld etwas abgezogen wird, dieser Anspruch muss zwingend mit dem Antrag auf Verhinderungspflege gestellt werden“. Somit ist ein Pflegebedürftiger nun auch in der Zeit der Abwesenheit seiner Pflegeperson finanziell in der Lage, sich Hilfe zu suchen, mitunter bei einem ambulanten Pflegedienst.
Eine weitere wichtige Neuerung ist, dass seit diesem Jahr Ärzte in Krankenhäusern ebenfalls eine Verordnung für wenigstens 7 Tage (wie bei der SAPV-Verordnung) ausstellen dürfen, bevor der Hausarzt diese dann verlängern kann. Dazu Kullmann: „Ich finde das ist eine Erleichterung für die Hausärzte und vor allem für uns Pflegedienste. Zusätzlich können Verordnungen der häuslichen Krankenpflege auch für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung für längstens 28 Tage ausgestellt werden – eine Verlängerung ist in begründeten Ausnahmefällen möglich. Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung meint Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung einer eigenständigen Haushaltsführung und Selbstversorgung notwendig sind, auch dies betrachte ich als eine große Erleichterung für den Kunden, der so in der Grundpflege seine Unterstützung bekommen kann, vielleicht, weil er sich anschließend wieder selbst versorgen kann und nicht weiter pflegebedürftig bleibt oder die Pflegekasse einspringt.“ Die Ärzte müssen aber unbedingt darauf achten, dass auf einer solchen Verordnung keine weiteren Leistungen aus dem SGB- V-Bereich angeordnet werden. Die Kassen genehmigen diese Verordnungen ohne Probleme. Einziger Wermutstropfen ist, dass die Zahlungsmodalitäten noch nicht allen Abrechnungsstellen bekannt sind. Frau Kullmann hat da ihre eigenen Erfahrungen: „Leistungen von Januar wurden mirglücklicherweise schon im August bezahlt, aber wir sind guten Mutes das die Abrechnungsstellen das auch noch begreifen“.
Ein besonderes Anliegen ist Frau Kullmann die Zusammenarbeit mit den Praxen derniedergelassenen Ärzte, aber auch mit den Krankenhäusern. Hier gibt es Verbesserungspotenzial!
In den vergangenen Jahren hat sich die Kooperation schon wesentlich verbessert. Aktuelle Probleme gibt es oft mit den Verordnungen …entweder werden sie nicht korrekt ausgestellt, teilweise handschriftlich, oder sie wurden schlicht vergessen, obwohl Frau Kullmann diese mindestens einen Tag vorher telefonisch bestellte. „Sehr oft heißt es in der Praxis, bitte warten Sie oder kommen Sie doch noch einmal wieder. Aber das ist unsere  Arbeitszeit, und wir stellen dies unseren Kunden nicht in Rechnung“. Frau Kullmann bedauert auch sehr, dass „der Wunsch, den Arzt zu sprechen, von den Praxismitarbeiterinnen so nicht weitergegeben, oder auch die Bitte um Rückruf nur selten erfüllt wird.“ Dabei wäre diese direkte Kommunikation zwischen Pflegedienst und Arzt für beide Seiten ein wichtiges Mittel, um Zeit und Kosten zu sparen und die Versorgungsqualität für die Patienten zu erhöhen. Das würde auch Probleme mit den verordnungsrelevanten Diagnosen minimieren. Frau Kullmann hat schon erlebt, „dass zur Begründung einer parenteralen Ernährung als Diagnose „Ischialgie“ angegeben wurde. Solche Verordnungen werden meistens von den Kassen abgelehnt oder ich muss mit den Kassen telefonieren, um eine Genehmigung zu erhalten oder sogar vom Arzt eine neue Verordnung
besorgen. Dies ist der Hauptgrund, warum wir nur sehr selten die Verordnungen von den Angehörigen des zu Pflegenden abholen lassen“. Am Ende, ist der Patient der Leidtragende, denn auch bei der Medikamentengabe bedarf es tragender Begründungen wie z.B. Demenz oder HOPS.
„Dann“, so Kullmann, „sind da noch die Medikamentenpläne. Angehörige bekommen die Medikamentenänderung mitgeteilt, und die sagen uns dann, wie wir die Medikamente richten sollen. Das dürfen wir aber nicht, nur nach Anweisung des Arztes. Es wäre klasse und sehr hilfreich,
wenn uns der aktuelle Medikamentenplan zugefaxt werden könnte! Vor einiger Zeit hatte ein Kunde einen starken Infekt, der Hausarzt verschrieb ein Antibiotikum, die Tochter besorgte es und legte es auch hin, der Vater war aber dement und verlegte dieses Medikament. Die Folge war,
dass er es nicht verabreicht bekam, weil wir davon nichts wussten. Der Kunde musste wenige Tage später stationär aufgenommen werden – zum Glück mit einem guten Ende. Aber, hätten wir ein Fax gehabt, wären wir informiert gewesen und hätten nach dem Medikament suchen können.“
Frau Kullmann ist auch enttäuscht, dass sie über die Hausärzte keine neuen Kunden bekommt. Sie ist ausgebildete Pflegeberaterin und macht eine kostenfreie Erstberatung beim Kunden, sogar auch bereits im Krankenhaus und bei den Angehörigen noch bevor der Patient vom Krankenhaus
nach Hause kommt. „Ein Pflegebett und Nachtstuhl kann ich mit Hilfe von den lokalen Sanitätshäusern innerhalb weniger Stunden besorgen“, erläutert Frau Kullmann. Beim Krankenhaus sehe es ähnlich schlecht aus. „Dabei sehe ich gerade in unserem Netzwerk, dem
Gesundheitsnetz Region Alzey, den großen Vorteil, sich gegenseitig kennenzulernen, miteinander zu sprechen und auch voneinander zu lernen und Vertrauen wie auch Partnerschaften aufzubauen – das bringt uns allen Vorteile, die wiederum die Qualität der Patientenversorgung erhöht. „Und
bestens versorgte Patienten sind schlussendlich unser aller Ziel,“ schließt Frau Kullmann ihre Ausführungen.

Nach Kündigung seelisch krank

Metro-Mitarbeiter protestierten 2015 gegen die angekündigte Kündigung. Die Pläne hinterließen Spuren auf der Seele

Ärzte initiieren Befragung von Metro-Mitarbeitern und werten aus/„Profitsüchtige Unternehmen zur Kasse bitten“

 

ALZEY – Wer von seinem Arbeitgeber schlecht behandelt oder gar nach vielen Jahren entlassen wird, läuft Gefahr, psychosomatische Störungen zu entwickeln und seelisch krank zu werden. Die Mitarbeiter der Metro AG, die bis Ende vergangenen Jahres im Massahochhaus gearbeitet haben, bedürfen zu großen Teilen psychotherapeutischer Behandlung. Dies ist das Ergebnis einer Befragung Betroffener durch das Netzwerk „Gesundheit“, über die der Allgemeinmediziner Dr. Friedel Rohr aus Framersheim und der Psychosomatiker und Psychiater Dr. Wolfgang Porn aus Alzey jetzt berichteten. „Wir haben zwei ausführliche Fragebögen zum gesundheitlichen Befinden über den Betriebsrat an rund 50 Mitarbeiter verteilt“, berichtet Rohr. Davon kamen 27 zurück. Inzwischen, so habe er von dort gehört, hätten die Mitarbeiter die Kündigung erhalten.
Schlaflos und depressiv
•    ARBEITSLOS
Die Metro hatte nach Ankündigung im Februar Ende 2015 das Rechenzentrum in Alzey, wo bis dahin fast 100 Menschen arbeiteten, geschlossen.

Viele hatten Jahrzehnte hier gearbeitet und stehen nach Ablauf der Kündigungsfrist nun vor der Arbeitslosigkeit.
Schlaflosigkeit, Panikattacken, innere Unruhe und andere typische Symptome seien in den Fragebögen dokumentiert worden. Dabei habe sich gezeigt, dass nur fünf Personen unterhalb des Wertes liegen, ab dem man solche Störungen als bedenklich ansehen muss. Ebenso viele hätten sich so weit oben auf der Skala bewegt, da sei eine entsprechende Behandlung geradezu zwingend erforderlich. Die größte Zahl bewegt sich im mittleren, deutlich gefährdeten Bereich. „Es waren nur wenige, die bei der Auswertung zu den Themen Angst und Depression unauffällig waren“, sagt der Psychosomatiker. Und es hätten sich zum Teil deutliche Zusammenhänge zwischen beidem gezeigt.
Porn macht das wütend: Wir müssen hier die Scherben aufkehren, die profitsüchtige Unternehmer hinterlassen“, schimpft er. Schließlich sei es ja nicht so, dass diese Arbeitsplätze nicht mehr benötigt würden, vielmehr würden sie in Länder verlagert, wo die Arbeit billiger erledigt wird. Die Kosten für die gesundheitlichen Schäden hier vor Ort müsste dann die Sozialgemeinschaft über die Krankenkassen tragen. Ein eigentlich unhaltbarer Zustand. Der Fall Metro sei ja auch nicht der einzige. Bei einer Firma in Erbes-Büdesheim würden auch Mitarbeiter unter Druck gesetzt. Immer wieder würden Unternehmen Mitarbeiter, die auch nur wagen würden, Fragen zu stellen, bestrafen. Immer wieder würde statt der aktuellen Jobs ein deutlich niedriger dotierter angeboten und die Beschäftigten zur Annahme gezwungen. „Wir sind der Meinung, dass Depressionen und Angstzustände aufgrund beruflichen Leistungs- oder anderen Drucks gesellschaftlich anerkannt werden müsste“, fordert Rohr im Zusammenhang mit der Befragung.
Berufskrankheit anerkennen
Die Berufsgenossenschaften würden sich stets mit Händen und Füßen wehren, wenn es darum ginge, Krankheiten als arbeitsbedingt anzuerkennen. Jahrzehnte habe es gedauert, bis etwa bei Krankenschwestern Bandscheibenvorfälle entsprechend eingestuft werden konnten. Untersuchungen wie diese sollten dazu beitragen, mittelfristig zu erreichen, dass auch solche psychischen Belastungen, die entsprechende therapeutische Behandlungen nötig machen, als Berufskrankheit anerkannt werden müssten. „Wir wissen, dass wir da ein sehr dickes Brett bohren und ganz am Anfang stehen, aber wir müssen die Diskussion beginnen“, so Porn.
An der Universität Mainz hatten die Mediziner zwar einen Professor gefunden, der sich für eine genauere Auswertung des Themas interessierte, aber natürlich nicht umsonst.“ 20 000 Euro können wir uns als kleines Netzwerk nicht leisten“, stellt Rohr klar. Dass die vorhandenen Daten nicht justiziabel seien, sei ihnen bewusst, aber sie zeigten eine Tendenz.

Herausforderungen der ambulanten Pflege, ein Vortrag von Edeltraud Kullmann, Pflege mit System

Unser Netzmitglied Frau Kullmann, Inhaberin des ambulanten Pflegedienstes „Pflege mit System“ nutzte das Netzwerktreffen vom 30.08.16, um über Ihren Alltag und die mannigfaltigen Herausforderungen in der Pflege zu berichten.
Frau Edeltraud Kullmann ist die Pflegedienstleiterin und Inhaberin von „Pflege mit System“ aus Freimersheim. Der Pflegedienst hat im März dieses Jahres das 15-jährige Jubiläum gefeiert. Das Team besteht zurzeit aus neun Mitarbeiterinnen, Krankenschwestern und Hauswirtschafterinnen.
Frau Kullmann trifft auf viele Herausforderungen im Alltag. Positive wie negative Veränderungen gibt es immer wieder. Eine der positiven ist das Pflegestärkungsgesetz II, welches seit Januar dieses Jahres gültig ist. „So richtig verstanden haben es die Kassen, und vor allem die Abrechnungsstellen, immer noch nicht, und das Pflegestärkungsgesetz III steht vor der Tür, aber das ist noch nicht in ganz trockenen Tüchern, deshalb muss man einfach abwarten,“ so Frau Kullmann. Mit dem anstehenden Pflegestärkungsgesetz III werden zum Beispiel die Pflegestufen von 3 auf 5 ausgebaut. Der Nutzen davon kann allerdings noch nicht eingeschätzt werden. Ende September wird der Dachverband der Pflege seine Mitglieder hierzu umfassend informieren. Doch warum ist das aktuelle Gesetz überhaupt positiv? Laut Frau Kullmann erhöht sich die Qualität der sozialen Pflege und damit auch die Entlastung der Angehörigen: „Jeder Pflegebedürftige mit einer Pflegestufe, kann pro Monat 104 € als Betreuungsleistungen zusätzlich zu seinem Pflegegeld in Anspruch nehmen, ist aber nur über einen Pflegedienst abrechenbar, bei anerkannten, demenziell Erkrankten erhöhen sich die Leistungen auf 208,– € pro Monat. Die Abrechnung kann rückwirkend bis mindestens 6 Monate erfolgen, das ist allerdings von Kasse zu Kasse verschieden. Wichtig: Das eigentliche Pflegegeld bleibt davon unberührt.“ Frau Kullmann führte weiter aus, dass dies sogar ohne gesonderten Antrag erfolgt. Hinzu kommt auch weitere Flexibilität bei der Verhinderungspflege. Sie erläutert, dass „wie gehabt jeder Pflegebedürftige das Recht auf Verhinderungspflege in Höhe von 1612,– € jährlich hat, so wie all die vergangenen Jahre auch. Neu aber ist, dass auch ein hälftiger Anspruch an Leistungen aus der Kurzzeitpflege, wenn diese nicht in Anspruch genommen wird, dem Pflegebedürftigen zusätzlich zustehen, also nochmals 806,– € ohne, dass am Pflegegeld etwas abgezogen wird, dieser Anspruch muss zwingend mit dem Antrag auf Verhinderungspflege gestellt werden“. Somit ist ein Pflegebedürftiger nun auch in der Zeit der Abwesenheit seiner Pflegeperson finanziell in der Lage, sich Hilfe zu suchen, mitunter bei einem ambulanten Pflegedienst.
Eine weitere wichtige Neuerung ist, dass seit diesem Jahr Ärzte in Krankenhäusern ebenfalls eine Verordnung für wenigstens 7 Tage (wie bei der SAPV-Verordnung) ausstellen dürfen, bevor der Hausarzt diese dann verlängern kann. Dazu Kullmann: „Ich finde das ist eine Erleichterung für die Hausärzte und vor allem für uns Pflegedienste. Zusätzlich können Verordnungen der häuslichen Krankenpflege auch für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung für längstens 28 Tage ausgestellt werden – eine Verlängerung ist in begründeten Ausnahmefällen möglich. Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung meint Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung einer eigenständigen Haushaltsführung und Selbstversorgung notwendig sind, auch dies betrachte ich als eine große Erleichterung für den Kunden, der so in der Grundpflege seine Unterstützung bekommen kann, vielleicht, weil er sich anschließend wieder selbst versorgen kann und nicht weiter pflegebedürftig bleibt oder die Pflegekasse einspringt.“ Die Ärzte müssen aber unbedingt darauf achten, dass auf einer solchen Verordnung keine weiteren Leistungen aus dem SGB V Bereich angeordnet werden. Die Kassen genehmigen diese Verordnungen ohne Probleme. Einziger Wermutstropfen ist, dass die Zahlungsmodalitäten noch nicht allen Abrechnungsstellen bekannt sind. Frau Kullmann hat da ihre eigenen Erfahrungen: „Leistungen von Januar wurden mir glücklicherweise schon im August bezahlt, aber wir sind guten Mutes das die Abrechnungsstellen das auch noch begreifen“.
Ein besonderes Anliegen ist Frau Kullmann die Zusammenarbeit mit den Praxen der niedergelassenen Ärzte, aber auch mit den Krankenhäusern. Hier gibt es Verbesserungspotenzial! In den vergangenen Jahren hat sich die Kooperation schon wesentlich verbessert. Aktuelle Probleme gibt es oft mit den Verordnungen …entweder werden sie nicht korrekt ausgestellt, teilweise handschriftlich, oder sie wurden schlicht vergessen, obwohl Frau Kullmann diese mindestens einen Tag vorher telefonisch bestellte. „Sehr oft heißt es in der Praxis, bitte warten Sie oder kommen Sie doch noch einmal wieder. Aber das ist unsere Arbeitszeit, und wir stellen dies unseren Kunden nicht in Rechnung“. Frau Kullmann bedauert auch sehr, dass „der Wunsch, den Arzt zu sprechen, von den Praxismitarbeiterinnen so nicht weitergegeben, oder auch die Bitte um Rückruf nur selten erfüllt wird.“ Dabei wäre diese direkte Kommunikation zwischen Pflegedienst und Arzt für beide Seiten ein wichtiges Mittel, um Zeit und Kosten zu sparen und die Versorgungsqualität für die Patienten zu erhöhen. Das würde auch Probleme mit den verordnungsrelevanten Diagnosen minimieren. Frau Kullmann hat schon erlebt, „dass zur Begründung einer parenteralen Ernährung als Diagnose „Ischialgie“ angegeben wurde. Solche Verordnungen werden meistens von den Kassen abgelehnt oder ich muss mit den Kassen telefonieren, um eine Genehmigung zu erhalten oder sogar vom Arzt eine neue Verordnung besorgen. Dies ist der Hauptgrund, warum wir nur sehr selten die Verordnungen von den Angehörigen des zu Pflegenden abholen lassen“. Am Ende, ist der Patient der Leidtragende, denn auch bei der Medikamentengabe bedarf es tragender Begründungen wie z.B. Demenz oder HOPS.
„Dann“, so Kullmann, „sind da noch die Medikamentenpläne. Angehörige bekommen die Medikamentenänderung mitgeteilt, und die sagen uns dann, wie wir die Medikamente richten sollen. Das dürfen wir aber nicht, nur nach Anweisung des Arztes. Es wäre klasse und sehr hilfreich, wenn uns der aktuelle Medikamentenplan zugefaxt werden könnte! Vor einiger Zeit hatte ein Kunde einen starken Infekt, der Hausarzt verschrieb ein Antibiotikum, die Tochter besorgte es und legte es auch hin, der Vater war aber dement und verlegte dieses Medikament. Die Folge war, dass er es nicht verabreicht bekam, weil wir davon nichts wussten. Der Kunde musste wenige Tage später stationär aufgenommen werden – zum Glück mit einem guten Ende. Aber, hätten wir ein Fax gehabt, wären wir informiert gewesen und hätten nach dem Medikament suchen können.“
Frau Kullmann ist auch enttäuscht, dass sie über die Hausärzte keine neuen Kunden bekommt. Sie ist ausgebildete Pflegeberaterin und macht eine kostenfreie Erstberatung beim Kunden, sogar auch bereits im Krankenhaus und bei den Angehörigen noch bevor der Patient vom Krankenhaus nach Hause kommt. „Ein Pflegebett und Nachtstuhl kann ich mit Hilfe von den lokalen Sanitätshäusern innerhalb weniger Stunden besorgen“, erläutert Frau Kullmann. Beim Krankenhaus sehe es ähnlich schlecht aus. „Dabei sehe ich gerade in unserem Netzwerk, dem Gesundheitsnetz Region Alzey, den großen Vorteil, sich gegenseitig kennenzulernen, miteinander zu sprechen und auch voneinander zu lernen und Vertrauen wie auch Partnerschaften aufzubauen – das bringt uns allen Vorteile, die wiederum die Qualität der Patientenversorgung erhöht. „Und bestens versorgte Patienten sind schlussendlich unser aller Ziel,“ schließt Frau Kullmann ihre Ausführungen.